
Die koreanische Hosta yingeri wurde bei einer Expedition 1985 entdeckt und hat sich in den Folgejahren, vor allem in der ersten Häfte der 90er Jahre gerade wegen der spannenden Blütenform und dunklen Blütenfarbe, in zahlreiche Züchtungsprogramme gemausert. Mr. PGC zählt etwa 40 direkte Abkömmlinge von H. yingeri und weitere 75 in deren Stammbaum H.yingeri auftaucht. Zu den bekanntesten Nachfahren zählen Sorten wie H.’Korean Snow’, ‘Beet Salad’ oder auch ‘Potomac Pride’.
Einleitende Gedanken
Ich möchte euch in Zukunft in unregelmäßigen Abständen die Ergebnisse von wissenschaftlichen Arbeit mit Hosta präsentieren. In meiner Sammlung schlummern etwa 75 Paper. Nicht jedes davon wirklich gut, aber die, die spannende Ergebnisse bieten, werde ich euch so zusammenfassen, dass ihr sie nicht mehr lesen müsst. Lasst mich wissen ob ich diese Ziel auch erreicht habe und ob sich überhaupt jemand dafür interssiert!
Effects of Temperature on Seed Germination and Photoperiod on Seedling Growth of Hosta yingeri
Autoren: Hyun Jin Kim, Sun Hee Choi und Yoon Jin Kim
Veröffentlicht: The Horticulture Journal 85 (3): 248–253. 2016.
DOI: 10.2503/hortj.MI-104 (Online-Quelle)

Abstract (Original)
The aims of this study were to examine the effects of different temperatures on seed germination and initial long-day (LD) or short-day (SD) duration on growth, floral initiation, and development of Hosta yingeri S.B.Jones. The germination percentage of H. yingeri seeds was > 90% at 5°C and between 15°C–30°C. The lowest time to the first germination (TFG) and the mean germination time (MGT) were observed at around 30°C. The optimum temperature for germination can be around 30°C considering the final germination percentage, TFG, and MGT together. Plant height, number of leaves, and leaf length increased as the initial SD duration decreased. The percentages of plant bearing buds were 50%, 50%, 20%, 10%, and 0% when the initial SD treatments were 0, 3, 6, 9, and 12 weeks with 29, 26, 23, 20, and 17 weeks of LDs, respectively. No plants flowered when they were exposed to the initial LD conditions. Flower spike length, number of visible buds, and number of open flowers increased as the duration of the initial SD decreased. Four-week-old H. yingeri required ≥ 26 weeks of LD duration to achieve > 50% flowering
Abstract (Google -Übersetzung)
Ziel dieser Studie war es, die Auswirkungen unterschiedlicher Temperaturen auf die Samenkeimung und die anfängliche Dauer des Langtages (LD) oder des Kurztages (SD) auf das Wachstum, den Beginn der Blüte und die Entwicklung von Hosta yingeri S.B.Jones zu untersuchen. Der Keimungsprozentsatz von H. yingeri-Samen betrug > 90 % bei 5 °C und zwischen 15 °C und 30 °C. Die niedrigste Zeit bis zur ersten Keimung (TFG) und die mittlere Keimungszeit (MGT) wurden bei etwa 30°C beobachtet. Die optimale Temperatur für die Keimung kann bei etwa 30 °C liegen, wenn man den endgültigen Keimungsprozentsatz, TFG und MGT zusammen betrachtet. Die Pflanzenhöhe, die Anzahl der Blätter und die Blattlänge nahmen mit abnehmender anfänglicher SD-Dauer zu. Die Prozentsätze der pflanzentragenden Knospen waren 50 %, 50 %, 20 %, 10 % und 0 %, wenn die anfänglichen SD-Behandlungen 0, 3, 6, 9 und 12 Wochen mit 29, 26, 23, 20 und 17 waren Wochen LDs bzw. Keine Pflanzen blühten, als sie den anfänglichen LD-Bedingungen ausgesetzt wurden. Die Länge der Blütenstände, die Anzahl der sichtbaren Knospen und die Anzahl der geöffneten Blüten nahmen mit abnehmender Dauer der anfänglichen SD zu. Vier Wochen alte H. yingeri benötigten ≥ 26 Wochen LD-Dauer, um > 50 % Blüte zu erreichen
Im zu besprechenden Paper werden einerseit der Einfluss der Temperatur auf die Keimung und andererseits die photoperiodische Reaktion H. yingeri Sämlingen untersucht. Ich werde die beiden Versuche und deren Ergebnisse, für eine bessere Übersichtlichkeit, nacheinander vorstellen.
1. Effects of Temperature on Seed Germination of Hosta yingeri
Versuchsablauf
Jeweils 150 Samen (50 in 3 Wiederholungen) werden bei unterschiedlichen Temperaturen ausgesät. Die Temperaturen werden konstant auf 5, 10, 15, 20, 25, 30 und 35 °C gehalten. Ausgesät wird in Petrischalen zwischen konstant feucht-gehaltenem Filterpapier. Belichtet wird täglich für 12 Stunden. Als ”Keimung” wird das Herausragen der Keimwurzel durch die Samenschale (mindestens 1mm) gewertet.
Es werden 3 Parameter erfasst:
Anteil der gekeimten Samen (Final Germination Percentage, FGP),
Zeit, bis der erste Samen keimt (Time To First Germination, TFG),
Durchschnittliche Keimdauer (Mean Germination Time, MGT)
Ergebnis
Die höchste Keimrate (FGP), über 90%, zeigt sich bei der 5°C-Gruppe, hier jedoch aber auch die längste Keimdauer mit knapp über 30 Tagen im Durchschnitt. Ähnliche hohe Keimraten wurden in der 25°C-Gruppe gemessen. Wobei sich die Gruppen von 15 - 30 °C nicht wesentlich davon unterscheiden. Bei 35 °C lag die Keimrate nur noch bei etwa 45%.
Die Zeit bis zur ersten Keimung (TFG) und die durchschnittliche Keimdauer (MGT) fällt mit der Temperatur und beide erreichen bei 30 °C ihren Tiefpunkt mit 10 Tagen.
Es zeigt sich eine signifikante Beziehung von Temperatur und Keimung.
Als Model lässt sich dies folgendermaßen darstellen: y = 0,03 x² - 2,22 x + 44,22 mit Temperatur (x) und der durchschnittlichen Keimdauer (y). Dieses Model erklärt 97% der beobachteten Variation (R² = 0.97).
Schlussfolgerung
Hosta yingeri scheint am Naturstandort die Keimung im Frühling (5°C-Gruppe) oder Sommer zu bevorzugen. Die Höchsttemperaturen liegen dort im Juli und August um die 27 °C.
Zielt man nun auf eine zügige Keimung bei gleichzeitig hoher Keimrate ab, so sollten Temperaturen zwischen 25 und 30 °C angestrebt werden.
2. Effects of Photoperiod on Seedling Growth of Hosta yingeri
Einleitende Begriffserklärung
Unterschiedliche Pflanzengattungen haben unterschiedliche Wege, wie sie beschließen oder erkennen, dass sie von vegetativen Wachstum auf generative Wachstum, sprich auf Blütenbildung, umstellen. Manche Pflanzen sammeln dafür Boten- oder Reservestoffe an und leiten die Blüte ein, wenn ein entsprechender Vorrat gebildet, andere Pflanzen benötigen eine Kälteperiode um im nächsten Jahr zu blühen, wieder andere sind von der Photoperiode abhängig und leiten die Blütenbildung nur bei entsprechender Tageslänge ein.
Als Photoperiode wird die Dauer der Belichtung, der Sonnenscheinstunden, bezeichnet. Man unterscheidet hierbei Kurztag (unter 12 - 14 Stunden, Short Day, SD) und Langtag (über 12 - 14 Stunden, Long Day, LD). Pflanzen messen dabei jedoch die Länge der Dunkelperiode, nicht der Lichtperiode. Dies wird zum Beispiel im Zierpflanzenbau genutzt, wenn mit Nacht-Unterbrechungsbelichtung gearbeitet wird, um Langtagsverhältnisse herzustellen.
Das notwendige Lichtintervall kann dabei nicht nur von Gattung zu Gattung, sondern auch innerhalb einer Gattung von Sorte zu Sorte schwanken. Da, fernab des Äquators, die Tage vom Frühjahr zum Sommer spürbar länger werden, ist die Photoperiode für viele Pflanzen ein Garant dafür, dass sie gezielt in der von ihnen bevorzugten Zeit im Jahr blühen.
Beispiele:
Die Gemüsegärtner unter euch kennen sicher das Schossen (Blühen) von Salat. Die passiert erst, wenn der natürliche Langtag eingetreten ist und die Temperaturen hoch sind. Denn auch Salatpflanzen orientieren sich an der Tageslänge. Gerade bei modernen Sorten wurde diese Reaktion jedoch züchterisch bearbeitet, “alte” Sorten reagieren hier deutlich heftiger.
Eine der bekanntesten Kurztagspflanzen ist der Weihnachtsstern, dass dieser zu Weihnachten blühend verkauft werden kann, muss er ab Herbst verdunkelt werden, um einen künstlichen Kurztag herzustellen, damit die Blütenbildung angeregt wird.
Versuchsablauf
4 Wochen alte, etwa gleichgroße Sämlinge werden bei konstant 25 °C, über 29 Wochen hinweg, unterschiedlichen Belichtungsintervallen ausgesetzt. Pflanzen werden entweder einem Kurztag mit 10h Belichtung oder einem Langtag mit 14h Belichtung ausgesetzt.
Insgesamt werden 10 Versuchsgruppen gebildet. Jeweils die beiden Extreme, also 29 Wochen nur Lang- oder Kurztag.
In den verbleibenden 8 Versuchsgruppen wird ein Wechsel von Kurz- zu Lang-Tag-Verhältnissen oder von Lang- zu Kurztag nach 3, 6 ,9 und 12 Wochen durchgeführt. Entsprechend werden Versuchsgruppen bezeichnet “LD0-SD29” bedeutet 29 Wochen Kurztag, “LD6-SD23” entspricht 6 Wochen Langtag und 23 Wochen Kurztag und “SD9-LD20” würde beispielsweise auf eine Gruppe verweisen, welche 9 Wochen Kurztag und 20 Wochen Langtag abbekommt.
Es wurden während und am Ende des Experiments folgende Parameter erfasst:
Pflanzenhöhe und Blattlänge
Anzahl der Blätter
Tage bis zur Blütenknospe und bis zur Blüte
Blütenstiellänge und Anzahl der Blütenknospen
Auszug aus den Ergebnissen

Das Foto wurde dem Paper entnommen und zeigt eine repräsentative Pflanze pro Versuchsgruppe nach 29 Wochen
Die größten Pflanzen entstehen in der SD3-LD26 Gruppe, die kleinsten hingegen mit Zunehmen der Kurztags-Dauer.
Die Anzahl der gebildeten Blätter ist in der durchgehenden Langtagsgruppe (SD0-LD29) signifikant höher als in den Gruppen, welche zu Beginn unter Kurztagsverhältnissen stehen.
Innerhalb der Gruppen, welche zu Beginn im Kurztag stehen, nimmt die Blattanzahl mit der Dauer der Kurztagsbehandlung ab.
Gruppen, die auf Kurztag umgestellt werden, also mit Langtag beginnen, entwickeln keine Blütenstände. In den Gruppen SD0-LD29 und SD3-LD23 entwickeln hingegen 50% der Pflanzen einen Blütentrieb. Der Anteil blühender Pflanzen fällt auf 0% mit abnehmender Langtags-Behandlung (SD9-LD20: 10%; SD12-LD17: 0%).
Die Tage bis zur Blüte bewegen sich zwischen durchschnittlich 165 Tagen (SD0-LD29) und 194 Tagen (SD9-LD20). Ein signifikanter Unterschied konnte hier nicht errechnet werden.
Schlussfolgerung
Hosta die unter Kurztagsbedingungen kultiviert werden, produzieren einen ersten Satz Blätter, treten dann aber einen Art Ruhezustand ein und wachsen nicht mehr weiter. Dem folgend wuchsen Pflanzen, welche aus dem Langtag in den Kurztag gewechselt wurden, nicht mehr weiter. Dies entspricht den Situationen wie wir sie im Frühjahr und Herbst vorfinden. Im initiale Kurztag, also im Frühling, schiebt sich der erste Flush durch, im Herbst, wenn wieder Kurztagsbedingungen eintreten, wächst die Pflanze nicht mehr weiter.
Langtagsbedingungen fördern das Wachstum, während andauernde Kurztagsbehandlung das Wachstum verlangsamt.
Keine Pflanze blühte unter Kurztagsbedingungen.
Die Aktivierung der Blütenbildung kann aufgrund der Ergebnisse bei Pflanzen mit mehr als 6 Blättern, nach 14-17 Wochen andauernder Langtags-Phase verortet werden. Von der Umstellung auf Langtag bis zur Blüte dauert es im mindestens 20 Wochen.
Boothby’s Kommentar und Rückschlüsse
Die Ergebnisse der Untersuchung der Keimtemperatur decken sich in etwa mit den verschiedenen Aussaatmethoden. Diese habe ich in im Aussaat 1x1 als “Cool-Tek” und “Warm-Tek” bezeichnet. Spannend hierbei ist, die Reaktion der 5 °C - Versuchsgruppe. Im Normalfall hört und liest man Angaben, die auf Temperaturen um 20 °C verweisen, dies erklärt nicht wie eine Keimung im zeitigen Frühjahr, ungeheizt ablaufen kann - diese Paper hier schon.
Eine Übertragung der Ergebnisse auf die ganze Gattung Hosta ist, ohne weitere Versuche, nur mit ganz großer Vorsicht möglich. Dies sollte stets im Hinterkopf behalten werden.
Ich nehme für mich aus diesen Ergebnissen mit, dass ich in Zukunft, bis zum Auflaufen die Temperatur auf 25 - 30 °C im Substrat halten werden. Das ist etwas wärmer als ich das bisher hatte.
Die Ergebnisse der Untersuchung zur Photoperiode legen nahe, dass für eine Aussaat ein tägliches Belichtungsintervall von mindestens 14h angestrebt werden sollte. Möchte ich optimalen Zuwachs in der ersten Saison erreichen, dann sollte ich die Pflänzchen erst nach draußen versetzen, wenn auch natürliche Langtagsbedingungen erfüllt sind, ansonsten wird der Sämling erstmal Pause machen.
In entsprechenden Gruppen auf FB sieht man im Februar häufig schon die ersten Blüten, wenn im Herbst schon ausgesät wurde. Das würden etwa 5 Monate Kulturdauer entsprechen. Also etwa 20 Wochen, was die hier dargestellten Zeiträume sogar noch unterbietet.
Anzumerken ist hier noch, dass in keiner Weise, die Winter-Temperatur (Vernalisation) Einfluss auf die Blütenbildung von H. yingeri zu haben scheint. Dies wird sehr häufig behauptet - deckt sich aber nicht mit den Versuchsergebnissen. Ich habe noch weitere Paper, die sich mit dem Einfluss der Überwinterung auf das Verhalten von Hosta beschäftigen. Dies wird ein Thema für zukünftige Besprechungen sein.