wie ich vorhin bei den Stärkungsmitteln schon schrieb, mein Ehemann ist ein, von mir sog. "schulisch gelernter Antrhoposoph". das heißt, er hat zwar eine Waldorf-Elite-Schule, nämlich eine der wenigen nach Rudolf Steiner benannten Schulen, besucht, ist aber lediglich schulisch mit der Antrhoposophie in Kontakt gekommen. er gehört nicht der Glaubensgemeinschaft an, und ist auch in anderen gesellschaftlichen Verzweigungen der Waldorf und Steiner-Philosophie nicht engagiert. nein, er ist teilweise nicht einmal überzeugt von all dem.
aber was sein ganzes Leben geprägt hat, und ihn bis heute begleitet, ist ein nahezu unglaublich humanes Menschenbild.
wir kennen uns jetzt 53 jahre, sind 40 davon verheiratet - und immer noch kann er mich mit Wissen über die verrücktesten/ungewöhnlichsten Dinge überraschen. "wie, das hast du nicht in der schule gelernt?" ist eine häufige, von ungläubigem unverständnis begleitete, Frage seinerseits.
er hatte das glück, das zu seiner Schulzeit in der Berliner Steiner-Schule ein extrem motiviertes Lehrerpotenzial vorhanden war.
das ist sicherlich nicht immer so, und auch keinesfalls selbstverständlich.
jedenfalls gilt die Steiner-Schule in Berlin als eine sehr beliebte Kaderschmiede. will sagen, selbst der/die Schulsenatoren, und andere Hochrangige Politiker, schick(t)en ihre Kinder dort zur Schule und nicht in staatliche Einrichtungen.
der BR hat vor einigen Jahren eine Langzeitdoku einer Waldorfklasse, vom ersten bis zum ende der 8. klasse, gedreht. völlig kommentarfrei, lediglich die Klassenlehrerin ( das ist dort von der 1- 8 klasse immer der/dieselbe), in drei teilen gesendet.
wir haben uns diese Doku gemeinsam angeschaut. ich, weil ich ihn so maßlos beneide um die unglaubliche schulische Bildung die er geniessen durfte, und mir das genauer ansehen wollte. er weil er sehen wollte wie das heute so ist, und auch weil er ein wenig kritisch an diese Doku heranging.
tatsache war: ich war schwer beeindruckt von dem was da mitzuerleben war, und meinem Mann rannen die Trännen über das Gesicht. alles erinnerte ihn an seine Schulzeit. von der er stets als liebevolle Zeit der Zuwendung spricht.
Was ich aber auch erwähnen muß, weil es im grunde zu seiner Schulzeit fast unerhört war, er war tagsüber also ein "Steini" und Nachmittags, und an den WoE, ein FALKE. ("Sozialischte Jugend Deutschlands")
Gegensätzlicher konnte eine Schüler/Jugendwelt nicht sein.
Aber auch das wurde an der Schule geduldet. es wurde hinterfragt, warum er das macht, es wurde diskutiert darüber. und als dann die ersten Jugendproteste mitte der 60er in Berlin begannen, war er (natürlich) an vorderster Front bei den Falken dabei. das gab tatsächlich ein bisschen Ärger an der Schule, aber auch das wurde ausdiskutiert.
Fakt ist, er hat seinen Weg gemacht. Er war ein hoch verehrter beliebter Vorgesetzter. Hat mit viel Klugheit und Fähigkeiten, über 40 jahre hinweg, im Verband (AWO) überzeugen können.
Und immer wieder hat er betont, privat Zuhause -niemals öffentlich- dass er vieles der Steiner-Schule zu verdanken habe. die menschliche Zuwendung, aber auch die Rhetorikfähigkeiten, dazu ein außergwöhnlich breit gefächerstes wissen.
so kam es also, dass ich als "klippschülerin" von ihm scherzhaft gerne so genannt, im laufe der jahre auch von seinen Fähigkeiten profitieren durfte. Ich hatte, schon bevor wir uns auf einer Falken Gedenkstättenfahrt kennen lernten, sehr viel groll auf staatliche Schule. Insbesondere auf die, auf der ich war.
ich hatte nämlich auch einen besonderen weg während der Schulzeit beschritten. eben in den besagten mittsechzigern. ich habe beim Jugendfunk des SFB ein bisschen mitgemischt. Das war für den Herrn Rektor grund genug sich zu erdreisten mir meine Freizeitgestaltung dort verbieten zu wollen. nun ja, beeindrucken konnte er mich nicht damit.
langer rede kurzer sinn:
ich kann diese ewigen Anfeindungen gegen die Waldorfpädagogik nicht wirklich nachvollziehen. ja, es gibt diskussionswürdige punkte, aber das alles ist kein grund eine, im durchschnitt hochqualifizierte schulische ausbildung, zu veräppeln, oder wie es neuerdings besonders gern gemacht wird, in die rechte ecke einzuordnen.
wenn man nachhakt, sind die meisten der Hämepublizisten niemals mit einer Waldorfschule in persönlichen kontakt geraten.
ich sage das aus voller Überzeugung: es ist nur der Neid, der sie so antreibt. so habe ich das auch in meinem Leben erlebt.
und weil ich so lange schon mit meinem mann zusammen lebe, hat manches von dem Steini auch auf mich abgefärbt.
insbesondere wenn es um natur geht, sind wir uns vollkommen einig. da passt kein blatt papier zwischen uns.
und wie alte Berliner heutzutage so sagen "und das ist gut so".
ich fand das mußte ich erklären; denn ich höre/fühle ein "gerauntes , Oha".
danke fürs lesen und (hoffentlich) auch fürs verstehen.