Da ich es mir gerade für die Uni einverleiben soll dachte ich mir, ich mach mal eine kleine Lernzielkontrolle und fasse für euch ein paar Aspekte der Panaschierung in Pflanzen zusammen. Entschuldigt, wenn manche Begriffe vielleicht nicht deutsche Lehrbuchstandards erfüllen, aber ich übersetze das Freihand aus dem englischen, ohne jetzt nochmal nachzuschlagen.
Unter den Begriff Panaschierung (engl. Variegation) fallen alle Phänomene bei dem eine Pflanze unterschiedlich gefärbte Zonen aufweist. Im weitesten Sinne gehören dazu auch mehrfarbige Blüten, jedoch wird der Begriff meist für Muster auf den Blättern bemüht. Grundsätzlich gibt es zwei Kategorien, in die sich diese Muster unterteilen lassen: Zellspezifisch und Nicht-zellspezifisch.
Nicht-zellspezifische Panaschierung
Bei dieser Form der Panaschierung, wie sie zum Beispiel der Wunderstrauch (Kroton, Codiaeum variegatum) aufweist, hat die Pflanze in allen Zellen eine einheitliche Genetik. Lediglich die Fähigkeit der einzelnen Zelle Pigmente herzustellen oder Pigmente abzubauen wird an- oder abgeschaltet. Dadurch entstehen unterschiedlich ausgefärbte Bereiche. Das An- oder Abschalten folgt einem inneren Bauplan und das Auftreten der Pigmente ist somit hauptsächlich von der Lage in der Pflanze abhängig. Da die genetische Information in jeder Zelle vorhanden ist, wird sie, samt der Fähigkeit die Panaschierung auszubilden, an die Nachkommen vererbt.
Zellspezifische Panaschierung
Bei dieser Form der Panaschierung, zu finden auch in unserer Lieblingspflanze, liegen genetische Mosaike vor. Zwei benachbarte Zellen können unterschiedliche Erbinformationen tragen – eine genetische Chimäre. Ursachen und Ausprägung sind komplex und alle hier abzudecken würde den Rahmen etwas sprengen, also beschränke ich mich auf die für uns relevanteste Erscheinung. Ein wichtiger Unterschied zu den Nicht-zellspezifischen ist, dass die Musterung ein Ergebnis der Zellteilung ist, quasi die Zellteilung visualisiert.
Wichtig für das Verständnis ist das Wissen um das Meristem, den Wuchsknoten der Pflanze. Diese Knotenpunkte, aus denen die Pflanze wächst, tragen undifferenziertes Zellmaterial und sitzen an Trieb- und Wurzelspitze, in Nodien und können in den Blattachseln entstehen. Je nachdem, was die Pflanze gerade benötigt, kann sie daraus Blätter, Blüten, Wurzeln erstellen. Diese Fähigkeit Organe (nachzu-) bilden nutzen wir bei der Vermehrung durch Stecklinge.
Diese Wuchsknoten unterteilen sich bei vielen Pflanzen in drei Zellschichten, die häufig als L1-L2-L3 abgekürzt werden und meist im Tunica-Corpus-Modell beschrieben werden. Einkeimblättrige Pflanzen, wie Hosta, weisen üblicherweise nur zwei dieser Schichten auf, wie aber Zonneveld 2007 nachgewiesen hat, haben Hosta drei dieser Schichten in ihren oberirdischen Pflanzenteilen – entsprechen dabei also dem gängigen Modell:
Unterschiedliche Schichten übernehmen dabei unterschiedliche Rollen bei der Bildung von Pflanzengewebe. In Hosta bildet die L1 Schicht die Epidermis und bestimmt den Randbereich der Blätter. Die L2 Schicht ist mit über 95% Beteiligung hauptverantwortlich für die Bildung der Gameten und bildet zudem subepidermales Gewebe aus, sie ist also maßgeblich für die Vermehrung. Die Blattmitte sowie der Großteil der Blatt- und Blütenstiele wird von der L3 Schicht ausgebildet. Die L3 Schicht ist zudem die Einzige, die bei der Bildung von Wurzeln beteiligt ist.
Wer jetzt schon eins und eins zusammengezählt hat, oder besser L1, L2 und L3, der kann nachvollziehen, wie die Blattzeichnung bei Hosta entsteht. Richtig; es liegen in den unterschiedlichen Schichten im Meristem unterschiedliche Erbinformationen vor. Durch die Beteiligung an den unterschiedlichen Gewebetypen entstehen die drei Zonen der typischen Blattzeichnung. Man spricht in diesem Fall von einer periklinen Chimäre, in der sich mindestens eine Meristem-Schicht von den anderen unterscheidet. Durch den maßgeblichen Einfluss der L2-Schicht auf die sexuellen Vermehrungsorgane erklärt sich dann auch, warum Panaschierungen bei Hosta nicht vererbt werden und warum Sorten wie H. ‘Striptease‘, mit ihrer weißen „Mittelschicht“ zwischen Blattmitte und Rand, nur weiße Sämlinge hervorbringen können.
Zonneveld, 2007: Nuclear DNA content of ploidy chimeras of Hosta Tratt. (Hostaceae) demonstrate three apical layers in all organs, but not in the adventitious root
Aber wie erklärt das nun Streaker? Gar nicht. Hosta sind extrem variabel, was ihren Bauplan betrifft und haben sich im Laufe der Evolution und Züchtung so einige Tricks und Specials angeeignet. Ein weiteres Thema, wären hierbei auch noch Genommutationen in den unterschiedlichen Schichten des Meristems, durch die Chimären mit unterschiedlicher Chromosomenanzahl und -Länge entstehen können. Das findet man in Hosta-Kreisen dann manchmal mit Bezeichnung wie 4-4-4 für voll tetraploide Hosta, oder 4-2-2 für eine diploide Pflanze mit tetraploidem Blattrand. Zurück zu den Streakern: Diese sind keine rein periklinen Chimären, sondern haben entweder Sektoren durch alle Schichten des Meristems mit anderer Genetik oder innerhalb der Schichten unterscheidet sich die Erbinformation (sektorial oder meriklinal). Gerade sektoriale Ausprägung gilt als sehr instabil und „verwächst“ sich auch mal eben wieder – na kommt euch das bekannt vor? Weist also die L2 Schicht einer Streaker-Hosta unterschiedliche Erbinformation auf, kann es sein, dass auch bei der Bildung der Geschlechtsorgane, und schlussendlich des Samens, eine chimärische Struktur weitergegeben wird und somit gestreifte Nachkommen entstehen können. Stabilisiert sich ein Streaker, dann setzt er sich zu Ruhe und wird einfarbig oder bildet eine stabilere Form der Panaschierung (periklin) aus.